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Was tun, wenn der Bauträger nicht weiterbaut?

Nehmen wir an, Sie haben mit einem Bauträger einen Vertrag über die Errichtung eines Wohnhauses oder einer Eigentumswohnung abgeschlossen.

Nach Fertigstellung soll das Eigentum auf Sie übertragen werden.

Während der Bauausführung stellt nun der Bauträger die Bauarbeiten ein. Oftmals kommen in dieser Lage zusätzliche Kosten auf Sie zu, etwa zusätzliche Miete für die von Ihnen noch genutzte bisherige Wohnung oder Bereitstellungszinsen, die Ihnen Ihre Bank oder Sparkasse für die verzögerte Bereitstellung des Baukredits berechnet.

Welche Möglichkeiten haben Sie?

1. Grundlagen

Die Besonderheit des Bauträgervertrags besteht darin, dass der Bauträger das Gebäude oder die Eigentumswohnung auf einem nicht in Ihrem Eigentum stehenden Grundstück errichtet. Erst nach Errichtung des Bauwerks und vollständiger Kaufpreiszahlung wird das Eigentum im Grundbuch auf Sie umgeschrieben.

Hinsichtlich der von Ihnen geleisteten Zahlungen sind Sie regelmäßig dadurch abgesichert, dass Sie die Zahlungen an den Bauträger nur in Raten entsprechend dem Baufortschritt leisten oder der Bauträger Ihnen stattdessen eine Bankbürgschaft übergibt, die Ihren Anspruch auf Rückzahlung Ihrer Raten sichert. Außerdem wird nach Abschluss des Bauträgervertrags zu Ihren Gunsten eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen.

2. Fertigstellungstermin

Häufig ist im Bauträgervertrag ein vom Bauträger einzuhaltender Bezugsfertigkeits- und/oder Fertigstellungstermin genannt.

Nach dem neuen Bauvertragsrecht müssen alle ab dem 01.01.2018 beurkundeten Bauträgerverträge einen verbindlichen Fertigstellungstermin enthalten, hilfsweise die Dauer der Bauausführung angeben. Enthält der Vertrag keinen Fertigstellungszeitpunkt, sind die entsprechenden Angaben in der vorvertraglichen Baubeschreibung maßgeblich.

Wenn ein konkreter Fertigstellungstermin nicht vertraglich vereinbart wurde, muss der Bauträger mit den Bauarbeiten sofort beginnen und das Objekt in angemessener Zeit fertigstellen. Anderenfalls kommt er durch eine Mahnung in Verzug.

Die termingerechte Herstellung eines Wohnhauses oder einer Wohnung gehört zu den wesentlichen Pflichten (Kardinalpflichten) eines Bauträgers.

Wer als Bauträger einen bestimmten Fertigstellungstermin zusagt, hat Vorkehrungen zu treffen, dass der versprochene Termin eingehalten wird, vor allem durch genügen große Zeitpuffer, die Spielraum zur Behebung unvorhergesehener Hemmnisse zulassen (OLG München, Urteil vom 15.11.2011, Az. 13 U 15/11).

3. Schadensersatz wegen Verzugs

Befindet sich der Bauträger in Verzug, entweder weil er einen konkreten Fertigstellungstermin nicht eingehalten hat oder zu Recht gemahnt wurde, so können Sie als Erwerber nach Fristsetzung einen sog. Schadensersatz neben der Leistung verlangen.

Die folgenden Positionen können je nach Fall als Verzugsschaden zu ersetzen sein:

  • Ihre zusätzliche Miete,
  • Umzugskosten,
  • Kosten für Einlagerung Ihrer Möbel,
  • Bereitstellungszinsen,
  • Mietausfall wegen verspäteter Möglichkeit zur Vermietung,
  • Entschädigung für Nutzungsausfall, wenn Ihnen während des Verzugs lediglich Wohnraum zur Verfügung steht, der mit dem erworbenen Wohnraum nicht vergleichbar ist, sondern eine deutlich geringere Qualität besitzt (BGH, Urteil vom 20.02.2014, Az. VII ZR 172/13).

Mitunter ist im Bauträgervertrag eine vom Bauträger für den Fall des Verzugs zu zahlende Vertragsstrafe oder ein pauschalisierter Schadensersatz vereinbart.

4. Kündigung des Erwerbers

Der Erwerber ist nicht berechtigt, den die Errichtung des Baus betreffenden Teil des Bauträgervertrags ordentlich zu kündigen.

Eine Kündigung des Bauträgervertrag ist allenfalls aus wichtigem Grund nur hinsichtlich der Bauleistung möglich. Eine Kündigung aus wichtigem Grund erfordert vorherige mehrmalige vergebliche Aufforderungen und Mahnungen gegenüber dem Bauträger. Außerdem muss es Ihnen unzumutbar sein, am Bauträgervertrag weiterhin festzuhalten. Nach einer Kündigung aus wichtigem Grund behalten Sie den Anspruch auf Übertragung des Grundstücks mit dem bis dahin errichteten Bautenstand.

Bei Bauträgerverträgen, die ab dem 01.01.2018 abgeschlossen werden, ist nach dem neuen Bauvertragsrecht auch das Recht zur Kündigung des Bauträgervertrags aus wichtigem Grund ausgeschlossen.

5. Rücktritt des Erwerbers

Ein Rücktritt des Erwerbers vom Bauträgervertrag nach erfolgloser Fristsetzung kann auch nach dem ab 01.01.2018 geltenden neuen Bauvertragsrecht in Betracht kommen, vor allem bei wesentlichen Mängeln und vor Abnahme bei Verzug des Bauträgers.

Sie sollten jedoch nicht vorschnell einen Rücktritt vom Bauträgervertrag erklären oder Schadensersatz statt der gesamten Leistung verlangen. Denn hierdurch würde der Vertrag im Ganzen rückabgewickelt und Ihre Ansprüche auf Eigentumsübertragung und Lastenfreistellung sowie Ihre Auflassungsvormerkung würden gegenstandslos.

Oft wird ein Rücktritt im Bauträgervertrag gänzlich ausgeschlossen oder an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft.

Ein Teilrücktritt hinsichtlich der nicht ausgeführten Bauleistung ist nicht möglich, weil die Leistung des Bauträgers unteilbar ist.

6. Insolvenz des Bauträgers

Wenn über das Vermögen des Bauträgers das Insolvenzverfahren eröffnet wird, hat der Insolvenzverwalter ein Wahlrecht, ob er Erfüllung des Bauträgervertrags verlangt oder die Erfüllung ablehnt.

Wenn der Insolvenzverwalter Erfüllung wählt, wird der Bauträgervertrag wie vereinbart durchgeführt.

Wenn der Insolvenzverwalter die Erfüllung ablehnt, behalten Sie die Ansprüche auf Eigentumsübertragung des Grundstücks und auf Lastenfreistellung hinsichtlich der Grundschulden des Bauträgers. Sie sind verpflichtet, eine Teilvergütung für das Grundstück und den bisherigen Bautenstand zu bezahlen. Wegen der nicht erbrachten Bauleistung steht Ihnen ein Schadensersatzanspruch zu, der aber nur zur Insolvenztabelle angemeldet werden kann.

Rechtsanwalt Dr. Martin Winkelmann, Essen