Beschlüsse über Kostenverteilung innerhalb der WEG

Das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) hat mit Wirkung ab dem 1.12.2020 den Wohnungs- und Teileigentümern erhebliche Möglichkeiten eingeräumt, die Kostenverteilung unter den Eigentümern abweichend vom Gesetz, der Teilungserklärung und sonstigen Vereinbarungen durch Mehrheitsbeschluss zu regeln.

Ausgangspunkt ist die neue gesetzliche Regelung:

Gemäß § 16 Abs. 1 WEG gebührt jedem Wohnungseigentümer ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile.

Gemäß § 16 Abs. 2 WEG hat die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine hiervon oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

Dies gilt gemäß § 16 Abs. 3 WEG nicht für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen.

Neu ist hieran insbesondere die gesetzliche Regelung des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG, wonach die Wohnungseigentümer für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine vom Gesetz oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen können.

Zu dieser Bestimmung ist seit Inkrafttreten des WEMoG bereits eine größere Zahl von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ergangen, die die neuen Möglichkeiten der Wohnungseigentümer konkretisieren:

Tritt in einer Wohnungseigentumsanlage aufgrund einer defekten Wasserleitung ein Schaden ein, ist ein von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in der verbundenen Gebäudeversicherung vereinbarter Selbstbehalt, durch den der Versicherer einen bestimmten Teil des ansonsten versicherten Interesses nicht zu ersetzen hat, nach dem gesetzlichen bzw. vereinbarten Verteilungsschlüssel zu verteilen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Leitungswasserschaden am Gemeinschaftseigentum oder am Sondereigentum entstanden ist. Die Wohnungseigentümer können nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG etwas anderes beschließen (BGH, Urteil vom 16.09.2022 – V ZR 69/21).

Ein auf § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG gestützter Anspruch eines Wohnungseigentümers auf einen anderen Umlageschlüssel für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten ist nur dann gegeben, wenn zugleich die in § 10 Abs. 2 WEG genannten Voraussetzungen vorliegen (BGH, Urteil vom 16.09.2022 – V ZR 69/21).

Wird ein Nachschüssen zu Grunde liegender Beschluss nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG rechtskräftig für ungültig erklärt, ist die Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstellung einer korrigierten Jahresabrechnung verpflichtet und kann jeder Wohnungseigentümer eine solche verlangen (BGH, Urteil vom 16.06.2023 – V ZR 251/21).

Es ist regelmäßig unzulässig, in bereits vollständig abgeschlossene Abrechnungszeiträume einzugreifen. Anders liegt es nur, wenn der bisherige Kostenverteilungsschlüssel unbrauchbar, in hohem Maße unpraktikabel oder grob unbillig ist (LG Düsseldorf, Urteil vom 19.04.2023 – 25 S 34/22).

Nutzen Wohnungseigentümer die Beschlusskompetenz aus § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG, dürfen sie jeden Umlageschlüssel wählen, der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und insbesondere nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führt (BGH, Urteil vom 22.03.2024 – V ZR 81/23).

Werden Kosten für Erhaltungsmaßnahmen, die nach dem bislang geltenden Umlageschlüssel von allen Wohnungseigentümern zu tragen sind, Einzelnen auferlegt, entspricht dies jedenfalls dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn der neue Umlageschlüssel den Gebrauch oder die Möglichkeit des Gebrauchs berücksichtigt (BGH, Urteil vom 22.03.2024 – V ZR 81/23).

§ 16 Abs. 2 Satz 2 WEG ist auch dann anwendbar, wenn durch einen Umlagebeschluss der Kreis der Kostenschuldner verändert wird, indem Wohnungseigentümer von der Kostentragung gänzlich befreit oder umgekehrt erstmals mit Kosten belastet werden (BGH, Urteil vom 22.03.2024 – V ZR 81/23).

Beschließen die Wohnungseigentümer eine Änderung der Kostenverteilung für eine einzelne Erhaltungsmaßnahme, muss nicht zugleich eine entsprechende Regelung für alle künftigen gleich gelagerten Fälle beschlossen werden (BGH, Urteil vom 22.03.2024 – V ZR 87/23).

Ist die Kostenverteilung durch gültigen Beschluss geändert worden, muss der geänderte Kostenverteilungsschlüssel in nachfolgenden Wirtschaftsplänen bzw. Jahresabrechnungen sowie bei der Erhebung von Sonderumlagen angewendet werden. Die Anfechtungsklage gegen den auf der Grundlage des Wirtschaftsplans bzw. der Jahresabrechnung oder zur Erhebung einer Sonderumlage gefassten Beschluss kann nicht darauf gestützt werden, dass der vorangegangene Beschluss über die Änderung der Kostenverteilung ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht (BGH, Urteil vom 15.11.2024 – V ZR 239/23).

Beschlüsse über die Änderung der Kostenverteilung nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG unterliegen – vorbehaltlich einer Nichtigkeit etwa nach den §§ 134, 138 BGB – einer materiellen Kontrolle nur im Rahmen der Anfechtungsklage (BGH, Urteil vom 15.11.2024 – V ZR 239/23).

§ 16 Abs. 2 Satz 2 WEG begründet die Kompetenz der Wohnungseigentümer, die Änderung des Verteilungsschlüssels für die Zuführung zu Rücklagen zu beschließen (BGH, Urteil vom 14.02.2025 – V ZR 128/23).

Die Formulierung „bestimmte Arten von Kosten“ in § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG hebt lediglich das allgemein für Beschlüsse geltende Bestimmtheitserfordernis hervor und begründet keine darüber hinausgehenden Anforderungen (BGH, Urteil vom 14.02.2025 – V ZR 128/23).

Ein auf der Grundlage von § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG gefasster Beschluss, mit dem ein vereinbarter Verteilungsmaßstab, der bestimmte Wohnungseigentümer privilegiert (hier: unterdimensionierte Miteigentumsanteile der Gewerbeeinheiten), geändert wird, entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn es für die vereinbarte Privilegierung keinen sachlichen Grund gab (BGH, Urteil vom 14.02.2025 – V ZR 128/23).

Sieht die Gemeinschaftsordnung eine objektbezogene Kostentrennung vor, so dass nur diejenigen Wohnungseigentümer, deren Sondereigentum (bzw. Sondernutzungsrecht) sich in dem jeweiligen Gebäudeteil (bzw. in dem jeweiligen separaten Gebäude) befindet, die darauf entfallenden Kosten zu tragen haben (hier: Kosten der Tiefgarage), widerspricht es in der Regel ordnungsmäßiger Verwaltung, durch Beschluss auch die übrigen Wohnungseigentümer an den auf diesen Gebäudeteil (bzw. auf das separate Gebäude) entfallenden Erhaltungskosten zu beteiligen; anders kann es nur dann liegen, wenn ein sachlicher Grund für die Einbeziehung der übrigen Wohnungseigentümer besteht (BGH, Urteil vom 14.02.2025 – V ZR 236/23).

Dr. Martin Winkelmann
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
(Stand 25.4.2025)