Ansprüche des Käufers wegen Mängeln beim Immobilienkauf

Wenn sich nach dem Kauf eines Hausgrundstücks oder eines Wohnungseigentums Mängel zeigen, stellt sich für den Käufer oft die Frage, ob er Rechte gegen den Verkäufer geltend machen, und für den Verkäufer, ob er entsprechende Ansprüche des Käufers abwehren kann.

Der Käufer kann Mängelrechte (wie Nachbesserung, Schadensersatz, Minderung des Kaufpreises oder Rücktritt vom Kauf) unter den folgenden Voraussetzungen geltend machen:

Zunächst muss ein Mangel der verkauften Immobilie vorliegen. Man unterscheidet Sach- und Rechtsmängel.

1. Sachmängel

a) Arten von Sachmängeln

Ein Sachmangel der Immobilie liegt vor, wenn sie bei Übergabe des Besitzes nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat.

Wenn keine Beschaffenheit vereinbart ist, kommt es auf die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung oder auf die bei Immobilien der gleichen Art übliche Beschaffenheit an.

Die maßgebliche Beschaffenheit kann sich auch aus Angaben des Verkäufers in einem Exposé ergeben. Es macht keinen Unterschied, ob es sich um ein von dem Verkäufer selbst erstelltes Exposé oder um ein Maklerexposé handelt. Es kommt nicht darauf an, ob die Angaben Eingang in den Notarvertrag gefunden haben (BGH, Urteil vom 19.1.2018, Az. V ZR 256/16).

Sachmängel können etwa sein:

  • Feuchtigkeitsschäden oder Verdacht auf Feuchtigkeitsschäden (OLG Koblenz, Urteil vom 13.11.2009, Az. 2 U 443/09): Bei Altbauten mit Feuchtigkeitsschäden kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Vor allem Kellerfeuchte begründet bei Altbauten regelmäßig keinen Sachmangel.
  • mangelhafte Außenabdichtung, vor allem eine mangelhafte äußere Kellerabdichtung (OLG Brandenburg, Urteil vom 09.06.2011, Az. 5 U 78/06),
  • Mängel der Elektroinstallation
  • Mängel der Heizungsanlage je nach Lage des Falles (BGH, Urteil vom 22.11.1996, Az. V ZR 196/95),
  • Undichtigkeit des Daches je nach Lage des Falles (BGH, Urteil vom 22.11.1996, Az. V ZR 196/95),
  • Hausschwamm oder Hausbock (KG, Urteil vom 23.02.1989, Az. 12 U 2500/88),
  • bei einer asbesthaltigen Fassadenverkleidung (BGH, Urteil vom 12.11.2010, Az. V ZR 181/09) sowie wenn bei beabsichtigten Fassadenbohrungen krebserregender Asbeststaub austritt (BGH, Urteil vom 27.03.2009, Az. V ZR 30/08). Ein Sachmangel ist nur dann anzunehmen, wenn die ernsthafte Gefahr besteht, dass Stoffe mit erheblichem gesundheitsgefährdendem Potenzial bei üblicher Nutzung der Immobilie austreten, etwa wenn übliche Umgestaltungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen nur mit gravierenden Gesundheitsgefahren vorgenommen werden können. Ein Mangel besteht nicht, wenn eine Gesundheitsgefährdung ausgeschlossen werden kann.
  • Durchsetzung des Grundstücks mit Bambuswurzelwerk und Bambustrieben (OLG Köln, Urteil vom 27.06.2018, Az. 5 U 93/17).
  • Fehlen der erforderlichen Baugenehmigung, nicht aber, wenn eine Erklärung der Behörde vorliegt, die dem Käufer Bestandsschutz gewährt (BGH, Urteil vom 30.04.2003, Az. V ZR 100/02; BGH, Urteil vom 12.04.2013, Az. V ZR 266/11).
  • ein Altlastenverdacht. Begründet die frühere Nutzung eines Grundstücks einen Altlastenverdacht, weist dieses einen Sachmangel auf, ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssen. Insbesondere bedarf es für die Annahme eines Sachmangels keiner zusätzlichen Tatsachen, die auf das Vorhandensein von Altlasten hindeuten. Verschweigt der Verkäufer eine ihm bekannte frühere Nutzung des Grundstücks, die einen Altlastenverdacht begründet, so handelt er objektiv arglistig (BGH, Urteil vom 21.07.2017, Az. V ZR 250/15).

Kein Sachmangel ist vorhanden, wenn das Gebäude in einem funktionsfähigen, schadensfreien und altersgerechten Zustand ist.

b) Ausschluss der Sachmängelhaftung

Üblicherweise schließt der Verkäufer einer Altbauimmobilie im Kaufvertrag alle Rechte des Käufers wegen Sachmängeln aus. Eine entsprechende Regelung findet sich in so gut wie jedem Kaufvertrag über gebrauchte Immobilien.

Der Käufer kann dann Mängelrechte nur geltend machen,

  • soweit die Vertragsparteien im Kaufvertrag eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache vereinbart haben oder der Verkäufer eine Garantie für eine bestimmte Beschaffenheit der Immobilie übernommen hat,
  • wenn der Mangel zwischen der notariellen Beurkundung des Kaufvertrags und dem Besitzübergang eintritt oder
  • soweit der Verkäufer dem Käufer den Mangel arglistig verschwiegen hat.

c) Arglist des Verkäufers

Eine Haftung des Verkäufers aufgrund Arglist setzt voraus, dass er

  • vorsätzlich falsche Angaben über das Fehlen eines Mangels machte oder einen offenbarungspflichtigen Mangel kannte oder zumindest für möglich hielt und er diesen Mangel dem Käufer verschwiegen hat,
  • der Verkäufer wusste oder zumindest für möglich hielt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und
  • der Käufer den Kaufvertrag bei entsprechender Aufklärung nicht oder nur mit anderem Inhalt, etwa zu einem niedrigeren Preis, geschlossen hätte.

(BGH, Urteil vom 12.11.2010, Az. V ZR 181/09).

Soweit der Verkäufer den Mangel nicht ausdrücklich oder stillschweigend verneint, setzt eine Haftung wegen Arglist zusätzlich voraus, dass der Verkäufer den Mangel ungefragt, von sich aus, dem Käufer offenbaren musste, oder dass der Käufer von sich aus nach dem Vorhandensein eines Mangels fragt und der Verkäufer diesen dann verschweigt.

Die Arglist setzt zumindest bedingten Vorsatz des Verkäufers voraus. Leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis genügt aber nicht. Ein arglistiges Verschweigen ist nur gegeben, wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Es genügt nicht, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen nur hätte aufdrängen müssen. Selbst ein bewusstes Sichverschließen des Verkäufers genügt nicht.

(BGH, Urteil vom 12.4.2013, Az. V ZR 266/11).

Bei dem Verkauf eines Gebäudegrundstücks besteht eine Pflicht nur zur Offenbarung verborgener Mängel oder von Umständen, die nach der Erfahrung auf die Entstehung und Entwicklung bestimmter Mängel schließen lassen, wenn es sich um Umstände handelt, die für den Entschluss des Käufers von Bedeutung sind, insbesondere die beabsichtigte Nutzung erheblich zu mindern geeignet sind.

(BGH, Urteil vom 16. 3. 2012, Az. V ZR 18/11).

Die Gerichte haben eine Offenbarungspflicht, also eine Verpflichtung des Verkäufers, Mängel ungefragt zu offenbaren, beispielsweise in den folgenden Fällen angenommen:

  • das Fehlen einer Baugenehmigung,
  • nicht erkennbare Kellerdurchfeuchtung aufgrund unzureichender Isolierung der Außenwände,
  • Hausschwamm, auch wenn ein lange zurückliegender Befall technisch einwandfrei beseitigt wurde,
  • Befall des Dachgebälks vom Hausbockkäfer jedenfalls dann, wenn die durch den Schädlingsbefall angerichteten Schäden einen erheblichen Umfang erreicht haben.

d) Keine Kenntnis des Käufers

Der Käufer kann Rechte wegen eines Sachmangels im Regelfall nicht geltend machen, wenn er den Mangel bei Vertragsschluss kannte.

Wenn der Käufer den Mangel infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, kann er Mängelrechte nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit des Kaufgrundstücks übernommen hat.

e) Haftung des Verkäufers wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten

Bei Fehlen einer Beschaffenheitsvereinbarung begründen vorsätzliche falsche Angaben des Verkäufers über Eigenschaften der Immobilie oder das vorsätzliche Verschweigen von Mängeln einen Anspruch des Käufers auf Schadensersatz aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten. Eine Rechtsfolge dieses Anspruchs besteht darin, dass der Käufer als Vertrauensschaden von dem Verkäufer den Betrag verlangen kann, um den er die Immobilie zu teuer erworben hat (BGH, Urteil vom 06.11.2015, Az. V ZR 78/14).

2. Rechtsmängel

Der Nachweis einer Arglist des Verkäufers ist nicht erforderlich, wenn die Immobilie einen Rechtsmangel aufweist.

Rechtsmängel können zum Beispiel sein:

  • Im Grundbuch eingetragene Belastungen, etwa Wegerechte, Leitungsrechte, sonstige Dienstbarkeiten, Reallasten, Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden, die der Käufer nach dem Kaufvertrag nicht übernehmen soll, die aber gleichwohl nicht gelöscht werden,
  • bestehende Miet- und Pachtverhältnisse,
  • Beschränkungen nach dem Wohnraumförderungsgesetz in Bezug auf Mieterkreis und Miethöhe, insbesondere bei Sozialwohnungen.

3. Rechtsfolgen

Wenn dem Käufer Mängelansprüche wegen eines Sach- oder Rechtsmangels zustehen, muss er vom Verkäufer zunächst Nacherfüllung, also die Beseitigung der Mängel verlangen, und dem Verkäufer regelmäßig eine angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel setzen.

Bei Arglist des Verkäufers ist eine Fristsetzung jedoch regelmäßig nicht erforderlich. Der Käufer muss dem arglistig handelnden Verkäufer in aller Regel überhaupt keine Gelegenheit zur Nachbesserung geben (BGH, Urteil vom 12.4.2013, Az. V ZR 266/11).

Der Käufer kann

  • den Kaufpreis mindern,
  • Schadensersatz verlangen,
  • seine vergeblichen Aufwendungen ersetzt verlangen oder
  • vom Kaufvertrag zurücktreten,

Rücktritt und Schadensersatz kann der Käufer auch nebeneinander verlangen.

Schadensersatzpositionen können etwa die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Aufwendungen, Gutachterkosten, Miete für angemessenen Ersatzwohnraum oder Bereitstellungszinsen der Bank sein.

Gegebenenfalls sind die vom Käufer bereits gezogenen Nutzungsvorteile in Abzug zu bringen.

Beim Kauf eines gebrauchten Wohnungseigentums kann der Käufer wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum einen Minderwert oder zur Mängelbeseitigung erforderliche Kosten nur anteilig nach Maßgabe seines Miteigentumsanteils verlangen, vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24.07.2015, Az. V ZR 167/14.

Rechte des Käufers wegen Sachmängeln an einem gekauften Bauwerk verjähren regelmäßig nach fünf Jahren ab der Übergabe, wenn sie nicht vorher gerichtlich geltend gemacht werden. Rechte wegen Sachmängeln am Grundstück verjähren grundsätzlich nach zwei Jahren. Die Verjährungsfrist für die Gewährleistungsansprüche läuft unabhängig davon ab, ob ein Mangel versteckt ist oder nicht.

Die Verjährungsfrist beträgt jedoch drei Jahre, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Die Verjährungsfrist beginnt dann mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Käufer von den anspruchsbegründenden Umständen (also dem Mangel, der Arglist und der Person des Verkäufers) Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

4. Geltendmachung

Zunächst sollte eine außergerichtliche Geltendmachung der Mängelrechte erfolgen und gegenbenenfalls eine außergerichtliche Einigung der Parteien versucht werden.

In einem Rechtsstreit wegen Sachmängeln prüft das Gericht zunächst in der Regel durch Zeugenvernehmung, ob der Verkäufer den Käufer arglistig getäuscht hat.

Der Käufer trägt die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich sämtlicher tatsächlicher Umstände, die ein arglistiges Verschweigen begründen (BGH, Urteil vom 12.4.2013, Az. V ZR 266/11).

In einem zweiten Schritt holt das Gericht dann ein oder mehrere Sachverständigengutachten ein, um zu klären, welche Mängel die Immobilie aufweist, welche Maßnahmen zur Beseitigung der Mängel erforderlich sind und welche Kosten hierdurch entstehen.